Konzert I 2016: Münchner Merkur – Schongauer Nachrichten/Weilheimer Tagblatt 15. Juni 2016

Pure Ermutigung

Ovationen für Beethovens 9. Sinfonie unter Christian Fröhlich

Vor zwei Jahren konnte der künstlerische Leiter der Musik im Pfaffenwinkel, Dirigent Christian Fröhlich, bei der Programmlegung gewiss nicht vorausahnen, welche Brisanz das Thema „Brüderlichkeit“ im Wohlstands-Deutschland, ja im ganzen, nun in der Zerreißprobe befindlichen Gefüge der Europäischen Union bekommen sollte. …

Zum Konzertauftakt am Sonntagnachmittag hatte man sich … für ein sorgenbefreites Gotteslob entschieden, als „Chor- und Orchester-Warm-up“ Haydns zweites „Te deum“ für die Kaiserin Marie Therese gewählt: Pure Wiener Klassik, herrlich farbig, perlte da durch die prachtvolle Basilika Benediktbeuern. Der Gemischte Chor im Pfaffenwinkel warf sich voll Frische und Elan in diesen kurzen, kunstreichen Hymnus.

…  Kopfsatz wie auch das „Molto vivace“ und „Presto“ von Beethovens monolithischer Neunter waren hingegen zunächst von deutlicher Unruhe geprägt. … Im „Adagio“ schien der Versöhnungsgedanke bereits vorweg genommen. Fröhlich modellierte die Übergänge weich, die zarten Pizzicati der Streicher malten liebevolle Tupfer. Ein „Alles wird gut“ schien über dem Raum zu schweben. …

Bedrohlich und intensiv in den tiefen Streichern der Beginn des berühmten „Götterfunken“-Finalsatzes. Im sehr jungen Solistenquartett hatte Fröhlich vier Nachwuchssänger zueinander gestellt, die in Farbe und Balance gut harmonierten, auch wenn sich Tenor Joshua Owen Mills nicht gegen den Orchesterklang durchsetzen konnte. Sopranistin Anna Rajah und Mezzo Deniz Uzun präsentierten sich mit kraftvoll klarer Stimmführung, innerer Anteilnahme, bewegter Freude. Vom Augsburger Bass Johannes Kammler wird man sicher auch in Zukunft Erfreuliches hören.

Stark gelangen die großen Momente des Chores, der auf seine anspruchsvolle Aufgabe präzise und gut vorbereitet war. Erhob er sich in der „Ode an die Freude“ Richtung Sternenzelt, markierte er damit einen Schlüsselmoment der Aufführung. Die bisweilen etwas scharfen Sopranhöhen blieben voller Energie. Auch wenn die hohen Frauenstimmen im Piano an Qualität Einbußen hinnehmen mussten, mischte sich der Gesamtklang beeindruckend. Mit nicht nachlassendem Furor begegnete Fröhlich der gewaltigen Partitur – und wurde vom Publikum dafür mit Jubel und stehenden Ovationen belohnt.

… Mit welch suggestiver Kraft aber Musik uns in der Hinwendung zum anderen unterstützen kann, durfte man sehr wohl erleben. Lorbeeren also auch für eine starken Impuls der Ermutigung.

Dorothe Fleege
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